Wie viel kostet eine öffentliche Ausschreibung wirklich?
Eine unbequeme Wahrheit: Die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen ist für Architektur- und Ingenieurbüros ein hochriskantes Investment. Bei durchschnittlichen Gewinnraten zwischen 15% und 30% bedeutet jedes abgegebene Angebot, dass 70-85% Ihrer Investition verloren gehen.
Doch wie hoch ist diese Investition wirklich? Und welche Kosten bleiben oft unsichtbar?
Die Kostenstruktur: Mehr als nur Arbeitszeit
Der vollständige Stundensatz
Ein häufiger Fehler bei der Kalkulation: Nur das Bruttogehalt zu betrachten. Die Realität sieht anders aus:
| Kostenkomponente | Wert |
|---|---|
| Jahresbruttogehalt (Bid Manager) | 75.000 € |
| Arbeitgeberanteile & Overhead (+30%) | 22.500 € |
| Gesamtkosten pro Jahr | 97.500 € |
| Verfügbare Arbeitsstunden (nach Urlaub, Krankheit) | ~1.600 Stunden |
| Interner Kostensatz | 61 € / Stunde |
Für spezialisierte Beratungsunternehmen sind die Opportunitätskosten noch höher: Wenn ein Senior Consultant oder Partner vier Stunden mit Formblättern verbringt statt beim Kunden fakturierbar zu sein, entstehen bei einem Tagessatz von 1.200 Euro effektive Kosten von 600 Euro für diese vier Stunden.
Der typische Ausschreibungsprozess: 50 Stunden bis zur Einreichung
Analysieren wir einen realistischen Fall: Eine komplexe Ausschreibung nach VOB/A oder VgV für ein Ingenieurbüro.
Zeitaufwand im manuellen Prozess
| Phase | Tätigkeit | Aufwand (Std.) | Anteil |
|---|---|---|---|
| 1. Sourcing & Qualifizierung | Manuelles Scannen von Vergabeplattformen (bund.de, Vergabe24, regionale Portale), Download und erste Sichtung | 4,0 | 8% |
| 2. Analyse der Vergabeunterlagen | Lesen von 50+ Seiten Leistungsbeschreibung, Identifikation von Eignungskriterien, Extraktion von Fristen | 8,0 | 16% |
| 3. Referenz-Management | Suche nach passenden Referenzen, Abgleich mit Anforderungen, Umformatierung in Vordrucke (z.B. VHB-Bund 124) | 6,0 | 12% |
| 4. Texterstellung | Schreiben des technischen Konzepts, Methodik, Management Summary, Ausfüllen starrer Formblätter | 24,0 | 48% |
| 5. Review & Einreichung | Qualitätssicherung, Prüfung auf Vollständigkeit, Upload auf e-Vergabe-Plattform, digitale Signatur | 8,0 | 16% |
| Gesamt | 50,0 | 100% |
Gesamtkosten pro Angebot: 50 Stunden × 61 € = 3.050 €
Die unsichtbaren Kosten: Der Screening-Aufwand
Ein kritischer, oft übersehener Faktor: Die Zeit für Ausschreibungen, auf die Sie sich nicht bewerben.
Der Realität im öffentlichen Sektor ist ein steiler Trichter. Ein Büro muss oft 10 bis 20 Ausschreibungen sichten, um eine zu finden, die exakt zum eigenen Profil passt und eine realistische Gewinnchance bietet.
Das Problem: Im manuellen Prozess müssen Sie Dokumente herunterladen und lesen, um festzustellen, dass Ihnen eine spezifische Zertifizierung fehlt oder das Budget nicht passt.
Die Rechnung:
- 20 Ausschreibungen gescreent pro Monat
- 1 Stunde pro Screening (Download, Lesen, Verwerfen)
- Kosten: 20 Stunden × 61 € = 1.220 € pro Monat an „Suchkosten"
Diese Kosten erscheinen in keiner Projektkalkulation, belasten aber die Gemeinkostenquote erheblich.
Regulatorische Komplexität als Kostentreiber
Der deutsche Markt für öffentliche Aufträge ist hochgradig reguliert. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die Vergabeverordnung (VgV) und die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) schaffen einen administrativen Korridor mit wenig Spielraum für Fehler.
Die Konsequenz: Jede Ausschreibung erfordert den Nachweis von Eignung durch eine Vielzahl von Dokumenten:
- Handelsregisterauszüge (nicht älter als 6 Monate)
- Nachweise zur Fachkunde und Leistungsfähigkeit
- Spezifische Referenzprojekte mit exakt definierten Parametern
- Zuverlässigkeitsnachweise
Die Beschaffung und Zusammenstellung dieser Unterlagen bindet Kapazitäten und erhöht den Zeitaufwand signifikant.
Die Verlängerung der Verfahrensdauer: Zeit ist Geld
Studien des Europäischen Rechnungshofs zeigen eine besorgniserregende Entwicklung: Die durchschnittliche Entscheidungsdauer bis zur Auftragsvergabe hat sich von 62,5 Tagen im Jahr 2011 auf 96,4 Tage im Jahr 2021 erhöht.
Für Unternehmen bedeutet dies:
- Längere Bindungsfristen für Ressourcen und Kapital
- Erhöhte Unsicherheit in der Planung
- Höheres Risiko bei Personalplanung
Jede Stunde, die nicht mit Warten verbracht wird, ist ein direkter Gewinn an Agilität.
Ein realistisches Szenario: Die Vollkostenbetrachtung
Betrachten wir ein spezialisiertes IT-Security-Beratungsunternehmen:
Rahmendaten:
- 10 Angebote pro Jahr
- Durchschnittlich 40 Stunden pro Angebot
- Gewinnrate: 20% (2 Aufträge gewonnen)
- Stundensatz: 70 €
Kostenrechnung:
- Arbeitskosten: 10 × 40 Std. × 70 € = 28.000 €
- Suchkosten (Screening): 12 Monate × 1.220 € = 14.640 €
- Gesamtkosten Bid Management: 42.640 €
Umsatz aus gewonnenen Projekten: 2 Aufträge × 200.000 € = 400.000 €
Die versteckte Wahrheit: Von jedem gewonnenen Auftrag gehen 10,7% der Marge allein für das Bid Management verloren, noch bevor die eigentliche Leistungserbringung beginnt.
Der Weg zur Effizienz: Wo liegt das Einsparpotenzial?
Die größten Reibungsverluste entstehen in drei Bereichen:
1. Ineffiziente Suche (Sourcing)
Problem: Manuelle Überwachung von 100+ Vergabeplattformen, hohe False-Positive-Rate bei Keyword-Suchen.
Potenzial: Mit semantischer KI-Suche kann der Aufwand von 4 Stunden auf 1 Stunde reduziert werden.
2. Dokumentenanalyse
Problem: 50-80 Seiten Vergabeunterlagen müssen gelesen werden, um K.O.-Kriterien zu identifizieren.
Potenzial: KI-gestützte Zusammenfassungen reduzieren den Aufwand von 8 auf 2 Stunden.
3. Referenz-Management
Problem: Manuelle Suche und Umformatierung von Referenzen in spezifische Vordrucke.
Potenzial: Automatisierter Abgleich und Vorschlagsgenerierung senken den Aufwand von 6 auf 0,5 Stunden.
Die Benchmark: Was ist möglich?
Moderne KI-gestützte Plattformen versprechen eine Beschleunigung um den Faktor 3. Übertragen auf unser Beispiel:
Neue Zeitlinie mit KI-Unterstützung:
- Sourcing: 4h → 1h
- Analyse: 8h → 2h
- Referenzen: 6h → 0,5h
- Texterstellung: 24h → 10h
- Review: 8h → 6h
- Gesamt: 50h → 19,5h
Neue Kosten pro Angebot: 19,5 Stunden × 61 € = 1.190 €
Ersparnis: 1.860 € pro Angebot oder 61%
Für unser Beispiel-Unternehmen mit 10 Angeboten bedeutet das eine jährliche Einsparung von 18.600 € allein bei der Angebotserstellung.
Fazit: Die Kosten der Ineffizienz
Die wahren Kosten einer öffentlichen Ausschreibung liegen weit über den offensichtlichen Arbeitsstunden. Die Kombination aus:
- Hohen Arbeitskosten (3.050 € pro Angebot)
- Versteckten Suchkosten (1.220 € pro Monat)
- Niedrigen Gewinnraten (15-30%)
- Langen Verfahrensdauern (96 Tage)
...macht das Bid Management zu einem der größten Effizienzlecks in der Bauwirtschaft.
Die gute Nachricht: Die drei größten Zeitfresser – Suche, Dokumentenanalyse und Referenz-Management – sind heute durch KI automatisierbar. Unternehmen, die diese Automatisierung nutzen, senken nicht nur ihre Kosten um über 60%, sondern gewinnen auch die Agilität, mehr Chancen wahrzunehmen.
In einem Markt mit Gewinnraten von 20% entscheidet nicht, wer das beste Angebot schreibt, sondern wer die meisten Angebote mit hoher Qualität abgeben kann.
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